Newsletter, Juli 2022
Am 7. Mai hatten Peter Awe und sein Team von der Montessori-Schule Wittenberge auf ihren außerschulischen Lernort, die Montessorifarm in Klein Lüben eingeladen.
Zu den Gastgeber:innen, Gästen und Akteur:innen gehörten neben
- der Montessori Schule Wittenberge mit der Montessori Farm in Klein-Lüben
auch - die staatliche Montessori Oberschule Potsdam (MOP) mit der Schulfarm „Schlänitzsee“,
- das staatliche Schulzentrum am Stern (Potsdam) mit dem Gelände „Jugendschule an der Nuthe“,
- die Freie Schule Angermünde, die bereits seit Jahren auf ihrem Gelände am See mit Jugendschul-Aktivitäten auch im Sinne von Occupations und Micro-Economies Erfahrungen sammelt,
- die Freie Schule Güstrow, die ihre Jugendschule derzeit erfolgreich über Kooperationen mit Werkstätten und einem ganzen Dorf realisiert
sowie Jugendliche mit Montessori Farm-Erfahrung aus der Wittenberger Schule, interessierte Montessori-Pädagog:innen aus Berlin und Brandenburg und mehrere ukrainische Frauen mit ihren Kindern, die gegenwärtig auf dem Farmgelände leben.
Den Beginn der großen Runde machte Olena Liba, Chemieingenieurin aus der Ukraine, die auf Deutsch und Russisch zu uns sprach. Sie verband ihre sehr persönlichen, bildstarken und teilweise poetischen Gedanken zu den Erfahrungen der letzten Wochen und Monate mit ihrem Dank an die Montessori-Schule Wittenberge und ihrem Interesse an der Montessori-Pädagogik. Sie beeindruckte die Runde und setzte den Ton für ein Treffen, das sich der Themen Verantwortung und Selbstverpflichtung bewusst war und sie gern aktiv und konstruktiv angenommen hat.
Der „Erdkindertag“ dient der Gründung eines Netzwerkes, wir möchten davon einzelnen Eindrücke und „Fetzen“ wiedergeben.
Die Jugendlichen – Paul und Nora (Gartenmanager), Collin (Manager des Handwerks) und Lucas (Buchhalter) – berichteten zusammen mit Stefan Hieke (Farmleiter), Biologin Daniela Dörfel, die den Garten und die Bienen betreut und Schulleiter Peter von den Entwicklungen der Farm und den gegenwärtigen und geplanten Projekten. Die Farm entwickelt sich zur vorbereiteten Umgebung für die Jugendlichen, einen wunderbaren Garten in Zusammenarbeit mit der „Gemüseackerdemie“, Bienen und bald eine Hühnerherde mit Niederländischen Haubenhühnern, für die gerade ein Hühner-Hotel gebaut wird. Die Arbeit auf dem Acker wird fachübergreifend u.a. für das Französischlernen mit Lehrerin Karole Gizolme genutzt. Student:innen der „Hochschule für Nachhaltige Entwicklung“ unterstützen das Projekt Montessorifarm Klein Lüben, das sich im Biosphären-Reservat Mittlere Elbe befindet. Dafür stehen eine Belegarbeit zur Gestaltung eines Kräutergartens, der Hühnerhaltung und die aktive Mitarbeit auf der Farm im Rahmen eines Praxissemesters. Die konkrete Zusammenarbeit der Student:innen mit den Jugendlichen belebt den Farmbetrieb. Die Verwendung des nachhaltigen Baustoffes Lehm bei, Sanierungsarbeiten im Saal der Villa wurden vorgestellt.
Freie Schule Angermünde
Kathrin Schalitz, Schulleiterin der Grund- und Oberschule in Angermünde, stellte die weit entwickelte Erkinderplan-Arbeit ihrer Schule-ohne-Farmgelände in dörflicher Struktur vor.
Nachdem die Schule schon jahrelang Sommerküchen und Boote gebaut, Schülerfirmen gegründet, Wildmöbel gebaut und verkauft sowie viele andere kunsthandwerkliche Produkte hergestellt und in einem Laden, den die Schule zum Teil gemietet hat, verkauft hatte, wandte sich Kathrin direkt an Ihre Schüler:innen, um die nächsten Schritte mit ihnen planen und entwickeln zu können. Sie stellte sie den Jugendlichen der 7. Und 8. Klassen die Frage, was sie sich wünschen würden, wenn sie die Gelegenheit bekämen, ein Jahr lang gemeinsam auf einem Gelände zu leben. Die Ergebnisse sind verblüffend, denn sie beschreiben – vielleicht auch aus Mangel an noch weitreichenderen Ideen für bisher noch gänzlich Unbekanntes – ziemlich genau den Erdkinderplan. Hier eine Auswahl:
- Wir würden lernen, selbständig zu werden Zum ersten Mal richtig Geld verdienen.
- Ich würde mit denen, die wollen, am Auto schrauben, um die Technik zu verstehen. Jeder könnte für die anderen Workshops geben.
- Ich mir Sachen selber beibringen.
- Um Orte zu verstehen, würde ich anfangen viel zu lesen und über das Gelesene nachdenken.
- Wir würden zusammen kochen, musizieren und tanzen.
- Ich würde Tiere halten und ihnen Dinge beibringen.
- Wir würden einen Obst- und Gemüsegarten anlegen und pflegen.
- Ich würde nachgucken, wie man die Ernte einweckt oder verarbeitet.
- Ich würde mit meiner Klasse auf einer großen Leinwand malen.
- Ich würde mich so viel wie möglich mit Mechanik beschäftigen aber Mathematik und Deutsch nicht vernachlässigen.
- Ich würde die Gegend erforschen.
- Alle wären aus verschiedenen Ländern. Wir würden viel Englisch reden, von verschiedenen Heimaten erzählen.
Die Freie Schule steht kurz vor einem Umzug und musste sich in den letzten Jahren mit Erweiterungs-Containern behelfen; auch hier sieht man den Gestaltungswillen der Freien Schule Angermünde und die Möglichkeiten, selbst Containern mit selbstgebauten Terrassen-Anbauten, großen Sonnensegeln und rankendem Wein einen gewissen Charme zu geben.
Die Präsentation der Freien Schule Angermünde kann über die Webseite und die Veröffentlichungen dort bestens nachempfunden werden: ….
Freie Schule Güstrow
Ralf Boldt, Schulleiter der Freien Schule Güstrow in Mecklenburg-Vorpommern, die ebenfalls Mitglied in unserem Landesverband ist, stellte die Umsetzungsversuche seiner Schule im Sinne der Jugendschule vor. Mit Understatement aber beeindruckend berichtete er vor allem von zwei Projekten.
- Über „Dorf macht Schule“ kooperieren die Jugendlichen der 7./8. Klassen mit dem Dorf Rheinshagen, dem die Jugendlichen durch die Stadtflucht abhandenkommen. So profitieren alle davon: Rheinshagen macht sich attraktiv für jüngere Bewohner:innen und die Jugendlich arbeiten mit in Bäckereien, … und … .
- In Zusammenarbeit mit den „Güstrower Werkstätten“ betreiben sie einen Bio-Bauernhof.
Zu beiden Orten fahren die Jugendlichen mit Fahrrädern.
Zudem macht die freie Schule Güstrow interessante Erfahrungen mit dem Übergeben von Teil-Budgets an die Jugendlichen und diversen anderen Jugendschul-Ideen.
Jugendschule „Schlänitzsee“ der Montessori Oberschule Potsdam
Mario Parade und Martin Pfeiffer stellen die Jugendschule Schlänitzsee vor, die bereits seit 13 Jahren existiert und deren Stundenplanung im Lehrerkollektiv gemeinsam entwickelt wird. Nachdem gerade eine Pause von zwei Jahren beendet wurde, die durch Baugenehmigungsverfahren entstanden war, wird nun wieder gearbeitet.
Das Modell der „exemplarischen Landwirtschaft“ mit Permakultur wird vorgestellt und regt viele der Teilnehmenden zu Fragen und zum Austausch an, da Terra Preta, Fermentierungsprozesse, „man riecht nichts!“-Bio-Meiler und weitere Bausteine auf großes Interesse stoßen. Bei jahrelanger Existenz kommt vieles an Erfahrung zusammen und vieles an Geschichten. Und so erfahren die teilnehmenden von den Ehemaligen, die per Hausboot zu Besuch kamen, um zu schauen, ob die von ihnen vor Jahren gebauten Toiletten (!) noch stünden.
Oder von den Erfahrungen der Jugendlichen, die für 30-60 Personen kochen und dann auch mal das Feedback bekommen, es habe nicht geschmeckt. Oder von den Rügener Schafen auf dem Gelände, die nicht krankheitsanfällig seien und en „Goldenen Biss“ und „Goldenen tritt“ hätten. Als eine Auskopplung der MOP ist in der Runde auch die „Jugendschule an der Nuthe“ des Schulzentrums am Stern dabei, vertreten durch Björn Huwe, Ökologe und Biodiversitätsforscher.
Der letzte Satz, der hier wiedergegeben werden soll, stammt von Peter Awe, der noch einmal den Plan betont, den Jugendlichen eine 4-Wochen-Phase auf dem Gelände der Farm zu ermöglichen – oder zumindest so lange, bis eine Arbeit auch abgeschlossen sein, denn der „Cycle of Activity“ hätte so eine Chance, sich zu schließen.
Nach vielen intensiven Gesprächsrunden und Einzelgesprächen, Geländeführung und gemeinsamen Mahlzeiten endet der Erdkinder-Tag mit der Planung eines zweiten Treffens, dem sich weitere Erdkinder-Projekte anschließen mögen, und einer Themn-Wunschliste.
Am 17.9.22 traf sich das neue Netzwerk-in-Präsenz am Schlänitzsee in Potsdam.